15
Apr
2013

Blaue Steine und Blaue Sirenen

Edelmeyers sehr wertvoller Propangas-Kocher
Edelmeyers sehr wertvoller Propangas-Kocher

Siegfried, seines Zeichens Praktikant aus Simbabwe, kann jetzt getrost in jede Taxi-Gewerbeschein-Prüfung gehen.
Eigentlich sollte er ja nur die Blauen Steine des Essener Kulturpfades zählen. Lieber würde er sämtliche Löwen seiner Heimat auflisten, denn hier in der europäischen Großstadt hat er sich ständig verlaufen. Er kennt nun so ziemlich alle Stadtteile von Essen, man hat ihn von hier nach dort, von Pontius nach Pilatus, von hü nach hot geschickt. Wobei der Essener an sich auch noch nie etwas von Blauen Steinen gehört hat. (Anmerkung des Lektors: von Pontius nach Pilatus ist es nicht sehr weit).
Also hielt man unseren guten Siegfried für einen schwarzen Ritter aus dem Morgenlande auf der Suche nach der Kokosnuss, äh - dem Blauen Kristall.
Etliche Passanten haben sich bei seinem Anliegen auf die Stirn getippt, - gut, dass dieser Brauch in Simbabwe unbekannt ist.
Rund 200 Steine hat er aber gefunden, seine Kladde ist nun voll mit Straßennamen.
Um ihn ein wenig bei der Suche nach den restlichen siebzig Steinen zu unterstützen, bin ich mit ihm Richtung Alte Synagoge gelatscht. War ja heute ein Wetter, welches zum ersten Mal den Namen Frühling verdient.

Auf dem Rückweg, nachdem wir uns ausgiebig auf dem Rathausplatz gestärkt hatten (auf meine Rechnung), fielen uns die vielen Feuerwehrwagen auf, die mit Sirenen in die City eilten.
In die Richtung unserer Behörde!
Beunruhigt beschleunigten wir unseren Schritt!

Ja, - da standen die Wagen. Gespenstisch warfen die Betonwände das blaue Signallicht zurück.
Schläuche wurden abgewickelt.
Männer mit Gasmasken rannten ins Treppenhaus.
Eine Drehleiter wurde in Position gebracht.
Polizisten drängten Passanten zurück. Auch mein Dienst-Ausweis erwies sich als relativ nutzlos, immerhin hatten wir einen Platz mit 1A Aussicht. Stiegen da oben nicht schwarze, schwere Rauchwolken gen Himmel? Dort, wo ungefähr mein Büro ist? Einige Akten lösten sich wohl gerade in Rauch und Wohlgefallen auf. Akten, die ich nun nicht mehr bearbeiten musste!

Gerade fuhr ein Krankenwagen rückwärts vor, wir mussten einen ganzen Schritt zurück weichen. Die Türen sprangen auf, fachlich geschulte Männer entriegelten die Tragebahre.

Jetzt trat Bruce Willis aus dem Gebäude, die Schutzkleidung bedeckte auch beinahe sein Gesicht. Hoch über seinem Haupt trug er die blaue Bombe!
Warum lachten die Kollegen an seiner Seite?
Lagen da die Nerven blank?

Siegfried und ich wichen noch einen Schritt zurück, man musste eine Detonation ja nicht aus erster Hand erleben.
Plötzlich kam mir die Bombe bekannt vor.
Seit Freitag-Nachmittag steht das Teil bei uns im Büro. Eine Neuanschaffung von Kollege Edelmeyer.
Ja, da kam er!
Bedröppelter kann man gar nicht aus der Wäsche gucken.

Siegfried winkte ihm zu, ich riss natürlich sofort seine Arme runter. Ganz gewiss wollten wir nicht mit dem
ehemaligen Kollegen in Verbindung gebracht werden.
Jetzt sprach der Polizist auf ihn ein. Wahrscheinlich ein geschulter Extrem-Psychologe.
Oh nein! - Edelmeyer hatte uns entdeckt und kam auf mich zu. Warum ließ mich die Meute nicht weichen? Ich hatte jetzt einen erstklassigen Platz in der ersten Reihe anzubieten. Aber ich prallte vom sehr dicken Bauch eines sehr dicken Mannes zurück ins Rampenlicht.

Edelmeyer fasste mich am Arm.
Er hatte einen Gesichtsausdruck wie gestern die Gattin, als sie ihr Lachen vor Evelyn unterdrücken musste.
War Edelmeyer jetzt völlig meschugge geworden?
"460 Euro wird mich der Spaß kosten." meinte er grinsend. "Vielleicht zahlt es auch die Stadt. Wahrscheinlich hatte ich die Flamme zu hoch eingestellt. Jedenfalls wissen wir jetzt, dass unser Rauchmelder voll funktionsfähig ist!"
"Das ist ja auch mal eine gute Nachricht!" sagte ich. "Allein dieses Wissen sollte dir schon 460 Euros wert sein!"
"Auf jeden Fall funktioniert der Kocher. Ob der Kaffee aber nun perfekt war, kann ich nicht sagen. Wenn ich das nächste mal meinen neuen Camping-Gaskocher ausprobiere, stelle ich ihn auf den Boden!"
"Und das Fenster würde ich vorher weit öffnen!"
"Wir machen in Afrika auch immer ein Feuer auf dem Boden, wenn wir Tee trinken wollen!" meinte Siegfried, der zum ersten Mal eine vertraute Parallele zu seiner Heimat sah.



Bleibe mir gewogen,
Klaus

begleitendes Tagebuch zum Film ICH AN MICH. The MAKING OF.
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