1
Apr
2013

römische Wegelagerer

Via Appia Antica

Inzwischen sind wir fit genug, um Goethes Spuren in die Campagna zu folgen. Die halbe Via Appia Antica rauf hatte Goethe und Tischbein, sein Malerkumpel, Staffelei, Tuschekasten, und Weinflaschen geschleppt, um ersteren hier zu verewigen. Wobei mir damals als einziger aufgefallen war, dass Goethe zwei linke Füße hatte. Entweder war das auf den Alkoholkonsum seitens Tischbeins zurück zu führen oder auf eine Racheaktion, auch seitens Tischbein. Vielleicht weil Goethe sich nicht einmal am Transport der schweren Staffelei beteiligt hatte.
Via Appia Antica - Tomba di Cecilia Metella
Oder weil Goethe sich nicht an den Pinselstrich auf der bauchigen Rotweinflasche gehalten hatte. Ohne Rücksicht auf den dürstenden Tischbein hatte er die Markierung einfach übertrunken!
Leider habe ich weder vor 40 Jahren, noch heute die bauchige Rotweinflasche als Beweis sicherstellen können, obwohl ich so manche Büsche durchkämmt habe. Der Ort der Portraitsitzung war ja leicht auszumachen, im Dreieck zwischen Circo di Massenzio, Tomba di Cecilia Metella und einem fernen Aquaduct.

Via Appia Antica - auch dieses Gebüsch habe ich sorgfältig noch Goethes Rotwein-Flasche durchsucht!
Damals hatte ich mich alleine von einem Taxi vor der Kirche San Sebastino absetzen lassen. Der Taxifahrer hatte mehrmals nachgefragt "Are you shure?!" Dann war er mit einem ängstlichen Rundumblick und Vollgas in die Stadt zurück gefahren.
Heute müssen wir uns erstmal den Weg durch ein Rudel Japanesen bahnen. Vorm San Sebastino werden gerade Hochzeitsfotos geschossen, ungünstig für meine eigenen Fotos, wenigstens ist die Braut ganz hübsch.

Vor 40 Jahren war ich hier alleine lang gelatscht, nur in Begleitung meiner Gitarre, ich hatte mich dann einer Schafherde angeschlossen, die der Hund auf eine große Wiese mit vielen baufälligen Türmchen trieb.
Dort kletterte ich auf eine der Mauern, spielte Gitarre, trank mein Bier und aß Salami zu Brot.
Heute müssen wir 12.-Euro pro Nase zahlen, um das gleiche Trümmergebiet überhaupt betreten zu dürfen! Und als ich mich meinem damaligen Sitzplatz nähere, kommt gleich ein Wächter auf mich zugeschossen. Berühren und anatmen verboten!
Was dieser gute Mann sicher nicht weiß: alle diese Grundstücke lagen fast 2000 Jahre da ohne jegliche Kontrolle! Da hat sich jeder mal ein paar passende Steine für den Bau seiner Villa in die Taschen gestopft!
Da hat immer mal ein Wegelagerer einen Handelsreisenden um die Ecke gebracht! (schönes Wortspiel, das dem geneigten Leser sicher nicht entgangen ist). Blut spritzte in die wertvollen Steine! Da hat immer mal ein Raubritter in dunkle Löcher gekackt!

Als ich dann meine Filmkamera ans Auge setze, bekomme ich Hausverbot! Beziehungsweise Platzverbot! Mein Camcorder könnte ja die letzte vorhandene Bausubstanz auch noch auslöschen!
So nicht!

Nach einem weiten Bogen durch die Natur sind Gattin und ich über eine Mauer wieder in den Circo di Massenzio zurück geklettert, mitten hinein in eine Herde Japanesen. Die nur bedingt Tarnung bieten, da sie aufgrund ihres häufigen Reisverzehrs um einiges kleiner sind als ich. Was verbindet diese Touristengruppe eigentlich mit dem altem Gestein? Bei mir ist es immerhin möglich, dass einer meiner Altvorderen mal ein paar Häuser in Rom niedergebrannt hat oder zumindest als Sklave für einen römischen Haushalt verantwortlich war.

Weiter geht es auf der Via Appia Antica im schönstem Sonnenschein.
Schon nach wenigen Kilometer haben wir den Weg für uns alleine.

Niemand stört unser idyllisches Picknick auf einer ur-uralten Mauer.
Jeder Stein liegt hier seit vielen, vielen tausend Jahren! Und kein Parkwächter in Sicht! Voller Absicht habe ich einige Steine einfach mal umgedreht. Jetzt werden sie die nächsten tausend Jahre mit dem Bauch nach oben auf der Mauer liegen!
Und hinter einem ganz alten Grabstein gehe ich genussvoll pinkeln!
So wie Wegelagerer das seit uralten Zeiten zu tun pflegen!
12.-Euro pro Nase!

Aquaducte haben wir übrigens nicht gefunden.
Dafür auf halben Rückweg eine einsame Bus-Haltestelle. Auf der Via di Tor Carbone.
Wenige Minuten später kam ein Bus, der uns bis zur Metro Station Laurentina mitgenommen hat.


Bleibe mir gewogen,
Klaus

begleitendes Tagebuch zum Film ICH AN MICH. The MAKING OF.
und mehr Fotos:
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